Der Tempelherr
Heinar und Petra wollen der Stadt den Rücken kehren und auf einem frisch erworbenen Grundstück auf dem Land ein Haus bauen – für sich und das Kind, das sie erwarten. Ein Eigenheim errichten: Heinar gibt sich dieser Aufgabe ganz hin, mit der Zeit immer skeptischer beobachtet von Familie, Freund*innen und der Landbevölkerung. Die Baustelle wächst ins Unermessliche und es entsteht ein gigantischer und geheimnisvoller Tempel, in dessen Fluchten und Säulengängen Heinar irgendwann selbst verloren zu gehen scheint … Der österreichische Dramatiker Ferdinand Schmalz (*1985), mehrfach zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen und Preisträger des Ingeborg-Bachmann-Preises, beobachtet in "Der Tempelherr" mit einer zugleich zärtlichen und brutalen Sprache, wie jemand bei dem Versuch, seinem Leben Bedeutung zu verleihen, aus diesem verschwindet.
Presse:
"Famoser Theaterabend in Wilhelmshaven. (...) Die Bühne verweigert allen die Landlust-Idylle. Ein paar gezackte Schuppen hat Ausstatterin Cornelia Brey auf die leere Spielfläche installiert. So schön, dass die Regie sogar einmal alle Schauspieler:innen von der Bühne holt und der Installation ein Light-Show-Solo spendiert. Was geheimnisvoll wirkt, wie gemorste Nachrichten aus einer anderen Welt. (...) So sind die eigenwillig rhythmisierten Schmalz'schen Wortgirlanden nicht als große Anstrengung zu erleben, sondern als großer Spaß in fließend eleganter Diktion, die besonders dem Humor des Autors zugetan ist. Den er mit wortverrückten Reimen, Formulierungsknoten und -schleifen, ins Absurde kippenden Wiederholungen, Doppeldeutigkeiten sowie musikalisch getriebenen Satzverkürzungen in einem klangreich überdrehten Kunstidiom erzeugt. So ausgefeilt schräg, so gedrechselt natürlich. Famos! (TAZ vom 16. März 2023)
"Einem Paukenschlag gleich setzt das Wortgewitter ein. Wie nach einem Startschuss rasen die Dialoge los, verbinden sich, tragen die Spannung mit perfektem Tempo. (...) Schmalz hat mit seinem "Tempelherrn" ein furioses Wortwerk geschaffen, das El-Eslambouly, Heiß, Baur, von Laun und Möckel (mit zwei Stimmlagen) virtuos in Szene setzen. Monologe, dialogisch geteilte Sätze, Sprechbrücken und Sprechchor, ja selbst das beredte Schweigen zieht den Zuschauer in die Handlung, ohne Möglichkeit und Willen zum Rückzug. Der ganze Tempelwahn ist zugleich auch witzig, Allzu-Menschliches glitzert in den Prismen der Auseinandersetzung und manches bleibt belebend ungewiss. (...) Diese Inszenierung lohnt einen zweiten Besuch." (Wilhelmshavener Zeitung vom 26. Februar 2023)
"Obwohl die Sprache von Ferdinand Schmalz wirklich herausfordernd ist, wird das Publikum durch die großartige Performance der Darsteller*innen immer wieder dazu verleitet, die Absurditäten und Situationen auf sich selbst und unsere Gesellschaft zu beziehen." (Radio Jade vom 28. Februar 2023)