Lenz

Er ist Schriftsteller, ein Mensch der Extreme – Jakob Michael Reinhold Lenz, von Goethe verschmäht und, obwohl ihm das Talent eines Genies nachgesagt wird, zeitlebens nicht erfolgreich. Ein Schriftstellerkollege, Georg Büchner, greift rund 50 Jahre später den Fall "Lenz" noch einmal auf. In einer Atem raubenden, atmosphärisch dichten Erzählung lässt er dessen Lebensweg plastisch werden: seine Fluchten in die Einsamkeit der Natur, seine zerrissenen Sehnsüchte, seine niederschmetternden Enttäuschungen, seine wie von Furien des Wahns vorangepeitschten Ausbrüche und sein Refugium bei fürsorglichen Menschen, die letztlich aber hilflos zusehen müssen, wie er mehr und mehr abstürzt…

Büchner, Schriftsteller und Arzt, diagnostiziert Lenz schon 1839 auf modernste Weise: Es ist das, was wir heute als bipolare Störung bezeichnen – Manie und Depression im schnellen Wechsel, Unruhe und Angstzustände, Wahnvorstellungen, Suizidgefahr…

Heute haben wir begonnen, dieses "Krankheitsbild" der zersplitternden Existenz weniger als tabu-belegtes persönliches Schicksal zu betrachten, sondern auch als Reflex auf eine durchaus widersprüchliche Gesellschaft. Ob Lenz, Büchner, Beethoven, Charles Dickens, Sylvia Plath, Falco, Sinéad O’Connor, Amy Winehouse oder – jüngst mit seinem autobiografischen Roman über Bipolarität für den deutschen Buchpreis nominiert – Thomas Melle: Sie alle ver weisen uns auf den Zusammenhang zwischen Sensitivität, unbestechlichem Blick auf die Welt, Kreativität und Wahn.

Presse:

Lenz Kampf gegen die eigene "Tollheit" hat Jakob Arnold am Aachener Mörgens inszeniert. Den "doppelten" Lenz nimmt er dabei wörtlich: Simon Rußig und Ensemble-Neuling Julian Koechlin agieren, streng am Originaltext, beide als Erzähler, übernehmen in den szenischen Abschnitten des Textes die Rollen von Pfarrer Oberlin und Lenz' Freund Christof Kaufmann und werfen sich abwechselnd in das Leid von Büchners Protagonisten. (Aachener Zeitung vom 22. September 2018)